News / Redaktion / Samstag 21.05.2016

Adi Pinter, roter Messias und Zauberer

Ein Nachruf an die rote Trainerlegende von Wolfgang Kühnelt.

Meine erste Begegnung mit Adi Pinter begann turbulent. Für unseren Kinofilm „Geliebter Feind“ hatten Markus Mörth und ich den legendären Trainer Pinter ins ORF-Studio zum Interview geladen. Er kam laut unserem Zeitplan zu früh und war ziemlich sauer, als wir ihn nach längerem Warten endlich vor die Kamera holten. Zugleich zeigte sich sein sehr spezieller trockener Humor. „Herr Pinter, wie sind Sie zum GAK gekommen?“, wollte ich wissen, um das Eis zu brechen. „Mit dem Taxi“, entgegnete er knapp. Doch nach wenigen Minuten löste sich die Spannung und Pinter erzählte uns von seiner Jugend, vom berühmt gewordenen Nietzsche-Zitat, seiner Zeit als Assistent von Ernst Happel, von so manchem Missverständnis und seiner bedingungslosen Liebe zum Fußball, speziell zum GAK. Das erwähnte Zitat, das während eines ORF-Drehs fiel, ist bezeichnend dafür, was die Medien gerne in Pinter sahen: Einen Mann, der für Schlagzeilen gut war. Wie er eine Mannschaft trainierte, wie er Psychologie und Sportwissenschaft verband, auch seine sehr spezielle Art des Geschichtenerzählens, das interessierte die Journalisten weit weniger. 

Pinter wuchs im Waisenhaus auf und schaute sich bereits als Kind gerne das eine oder andere GAK-Spiel an. Heimlich, denn eine Eintrittskarte hätte ihm niemand bezahlt. Aus dem kleinen Fan wurde ein Aktiver. Pinter begann seine Kicker-Laufbahn im Nachwuchs der Athletiker. „Ich war kein Charly Scharmann, auch kein Prohaska, aber ich war extrem schnell und hab mit einem Riesenherz Fußball gespielt. Ich war durch und durch rot beseelt“, erzählte er mir beim erwähnten Interview im Landesstudio. Von Graz ging es nach Aachen zu Alemannia, dann nach Belgien. Eine schwere Verletzung beendete die Karriere bereits mit 22 Jahren, bevor sie noch so richtig begonnen hatte. 

Doch der Fußball ließ den jungen Mann nicht mehr los. Er studierte an der Sporthochschule in Köln und lernte anschließend den großen Happel in Belgien kennen. Die beiden konnten offenbar prächtig miteinander. „Ich kam von der Uni“, erzählte Pinter, „und war mit hunderttausend Informationen ausgestattet. Und da war dieser Empiriker Happel, der mir eine erste Audienz gewährt hat und mich dann neben sich sitzen lassen hat.“ Als Coach stieg Pinter mit dem GAK und mit dem Wiener Sportclub auf. 

Bei den Roten ist besonders seine erste Trainerzeit ab 1987 legendär geworden. Er setzte eine Reihe von Maßnahmen, die durchaus auf Widerstände stießen. Er ließ die Mannschaft bevorzugt in Blau spielen, weil er der Meinung war, diese Farbe würde den Gegner beruhigen. Er kassierte kein fixes Gehalt, sondern bekam für jeden Zuschauer einen Schilling. So machte er vor wichtigen Spielen auch gerne besonders deftige Ansagen in der Presse, um mehr Publikum ins Stadion zu holen. Er setzte auf das Angriffsduo Hasenhüttl und Schatzschneider und ließ den Lokalhelden Günther Koschak ausgerechnet zum Rivalen Sturm ziehen. Sein Lieblingskicker war Klaus Spirk, sagte er mir viele Jahre später: „Weil er wahnsinnig ehrlich war, ein Riesenherz hatte für Fußball und ein ganz toller Techniker war.“ 

Vor einem Derby gab Pinter als Trainer freiwillig das Heimrecht ab und wollte in der Gruabn spielen lassen. Letztlich fand die Partie in Liebenau statt, der GAK gewann mit 3:1 und Pinter schwenkte sein Sakko wie ein Torero sein Tuch. Die berühmte rote Krawatte, die er seinem Lehrmeister Happel einst bei einem GAK-Sieg gegen Tirol schenkte, ist ebenso in das kollektive Gedächtnis eingegangen wie die Szene als Pinter in seiner Rolle als Pasching-Coach in Liebenau seinen Oberkörper entblößte und ein GAK-Schriftzug sichtbar wurde. Dass er damit seinen Job als Trainer der Oberösterreicher los war, kümmerte ihn sichtlich wenig. Genauso wie sein Rauswurf in Kroatien, als er letztlich zurecht Zweifel an der Integrität seines Arbeitgebers äußerte. 

Adi Pinter trainierte Mannschaften in Österreich, Schweden, Deutschland, Belgien, Polen, Griechenland und Kroatien, beriet eine Zeitlang die Fürstenfelder Basketballer als Mentaltrainer und er hielt viele Motivationsseminare, vor allem in seiner Wahlheimat in Süddeutschland. Daneben versuchte er sich in der Politik, trat mit einer Bürgerliste bei der Grazer Gemeinderatswahl an, malte, führte Regie und wirkte in zahlreichen Filmen mit. Im persönlichen Gespräch machte er dementsprechend überhaupt keinen polternden, sondern vielmehr einen sehr sensiblen und außergewöhnlich höflichen Eindruck. Nur wenn die Kameras auf ihn gerichtet waren, setzte er sich gekonnt in Szene. 

Der Niedergang des GAK nach dem Meistertitel tat ihm sehr weh. Er hätte auch gerne eine Rolle als Funktionär oder Trainer übernommen, das war kein großes Geheimnis. Und bei der einen oder anderen Generalversammlung des GAK in der schlimmsten Krisenzeit war Pinter zugegen, um zu schauen, was aus seinem Verein wurde. Nun wird der alte neue GAK ohne ihn weitermachen müssen. Hoffentlich in seinem Sinne. Mit ehrlicher Anstrengung und ohne Gier und falsche Eitelkeiten.

Danke, Adi Pinter!

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