News / Dieter Demmelmair / Donnerstag 23.11.2017

Das Versprechen des Marco Heil: „Ich komme wieder!“

Marco Heil im Interview: Wer ihm Kraft gibt, warum sein Heimatverein einst ein „SV Heil“ war und wie es ist, ein Tor zu schießen. Bonus: Zwei Mitspieler beschreiben den Menschen und Spieler Marco Heil.

16.30 Uhr haben wir ausgemacht. Ich komme extra ein paar Minuten früher. Ich will sehen, wie Marco Heil das Lokal, in dem wir uns treffen, betritt. Humpelt er? Geht er mit Krücken? Draußen joggen ein paar Läufer die Mur entlang. Was Marco wohl empfindet, wenn er die Läufer sieht?

Dann kommt er. Lächelt. Und geht, als wäre er nicht zum bereits wiederholten Male schwer verletzt. „Mir geht’s gut, ich spüre zwar ein bisschen was, habe aber keine Schmerzen“, sagt er gleich am Beginn unseres Gespräches gutgelaunt. Und ich frage mich: „Woher nimmt der Marco die Kraft, all diese Rückschläge wegzustecken?“ Im Interview wird er mir diese und viele andere Fragen beantworten.

Was ist Dir eigentlich durch den Kopf gegangen, als du in Bad Radkersburg zu Boden gehen musstest?

Ich habe gleich gespürt, dass es der Meniskus ist. „Das kann nicht sein, nicht schon wieder!“ – das waren so die ersten Gedanken. Ich habe davor echt hart gearbeitet, bin früher als gedacht ins Mannschaftstraining eingestiegen und habe trotz einer Muskelverhärtung gespielt. Ich wollte der Mannschaft unbedingt helfen. Der Rasen in Radkersburg wurde vor dem Match noch gesprengt, war glatt wie ein Eislaufplatz. Das hat leider auch ein bisschen mitgeholfen, dass ich mich verletzt habe.

Der Pechvogel scheint bei dir quasi auf der Schulter zu sitzen, dein ständiger Begleiter durch dein Fußballerleben zu sein. Woher nimmst du die Kraft, dich immer wieder zurück zu kämpfen?

Schau, es gibt zwei Arten von Menschen: Jene, die klagen und jene, die kämpfen. Ich gehöre halt zu den Kämpfern. Auch bei den Verletzungen ist es bei mir so wie bei den Matches: Ich will immer gewinnen. Vor allem mein erster Kreuzbandriss hat mich sehr geprägt. Damals war ich auf dem Sprung zum Profitum, hatte nach Angeboten von Grödig und der Admira bei Sturm zugesagt. Der Heilungsprozess hat sich damals stark verzögert, weil ich mir einen Keim eingefangen habe. Meine Karriere war auf Messers Schneide, sogar eine Fußamputation stand im Raum. Ich war mehr als ein Monat im Krankenhaus, hatte damals viel Zeit zum Nachdenken. Aber natürlich kannst du dir in so einer Situation nicht nur selbst Kraft spenden, brauchst auch Familie und Freunde. Mama und Papa, mein Bruder, meine Freundin, die an meinem Krankenbett für die Matura gelernt hat – sie alle haben mich toll unterstützt. Ich habe damals neun Monate nicht gespielt, bin dann zurück zu meinem Heimatverein SV Anger.

Stichwort Heimatverein: Da war ja auch dein Vater Trainer, oder?

Nicht nur das. Der SV Anger war eigentlich ein „SV Heil“. Mein Papa war der erste Jugendtrainer von meinem Bruder und mir, später, wie auch Heinz Karner, Trainer von uns beiden in der Kampfmannschaft. Meine Mama war Jugendleiterin dort, meine Tante Schriftführerin und mein Opa Obmann!

Weil du Heinz Karner gerade erwähnt hast: Hast du noch Kontakt zu ihm und zu Gernot Plassnegger?

Ja. Was mich sehr gefreut hat, war, dass der Heinz und der Gernot mich noch am Samstag, als ich mich verletzt habe, gleich kontaktiert haben und mir alles Gute gewünscht haben. Und der Gernot hat mir sogar einen Termin bei einem Arzt organisiert. Übrigens: Hätte ich damals bei der Admira unterschrieben, wäre der Gernot mein Mitspieler geworden! (lacht)

Der Profitraum hat sich für dich leider noch nicht erfüllt. Für deinen Bruder schon. Frisst dich da der Neid?

Nein, ganz im Gegenteil. Ich bin richtig stolz auf den Jürgen. Heute wirst du fast nur noch Profi, wenn du in einer Akademie warst. Der Jürgen war das nicht. Ich bewundere seine Karriere und freue mich für ihn. Natürlich frage ich mich manchmal, wieso ich so oft verletzt war und er noch nie und was gewesen wäre, wenn … Aber das bringt dich nicht weiter. Ich habe bei Grödig und der Admira abgesagt, weil ich die HAK fertig machen wollte. Und das war letztlich gut so!

Finde ich auch. Denn sonst wärst du vielleicht nie zum GAK gekommen. Was bedeutet es dir, für unsere Roten zu spielen?

Sehr, sehr viel. Die Unterstützung, die wir von den Fans bekommen, ist gigantisch. Uns 90 Minuten lang anzufeuern, auch dann, wenn es nicht so läuft, das ist großartig. Und das beflügelt einen total. Uns Spieler pusht es wirklich extrem, wenn wir die Unterstützung von außen spüren. Man will dann was zurückgeben, kann letzte Kraftreserven mobilisieren. Wenn die Fans in der Kurve deinen Namen rufen, dann ist das ein großartiges Gefühl. Ohne diese Fans wären wir sicher nicht so erfolgreich. In Lebring etwa, wo wir mit 10 Mann noch ein 4:4 geschafft haben, waren es die Fans, die daran großen Anteil hatten.

In Lebring hast du drei Tore gemacht. Gibt es eigentlich  Tore für den GAK, an die du dich besonders gern erinnerst? 

Natürlich! Der 4:4-Ausgleichstreffer in Lebring gehört klarerweise dazu, aber auch mein Freistoßtor in Köflach oder der Treffer in Strass beim Auftakt zur Oberligasaison. Da habe ich zuerst einen Elfer verschossen, dann zum Glück getroffen! Und natürlich war auch das Oberligaheimspiel  gegen den SV Thal, wo wir mit 8:0 gewonnen haben, was ganz Besonderes – vier Tore schießen und weitere drei auflegen, das passiert dir nicht allzu oft in deiner Karriere!

Was ist das eigentlich für ein Gefühl, wenn du ein Tor erzielst? Was geht da in dir vor?

Das kann ich dir nur schwer erklären. Eigentlich kann ich es nur so ausdrücken: Es ist eines der geilsten Gefühle, die es gibt! Und am allerschönsten ist es, wenn ich in Weinzödl ein Tor erziele und das ganze Stadion jubelt!

 

Beim Marco und mir war es sozusagen „Liebe auf den ersten Kick“! Wir haben uns auf Anhieb verstanden und er ist in den letzten fast 2 Jahren ein richtig guter Freund von mir geworden. Auch wenn wir manchmal am Spielfeld, ich drücke es jetzt einmal so aus, nicht immer die gleiche Meinung haben,  nimmt er das nie persönlich und wir können nach dem Spiel schon wieder darüber lachen. Er hat einen tollen linken Fuß, aber am Elferpunkt könnte er noch etwas üben …

(Lukas Graf über den Menschen und Spieler Marco Heil)

 

Ich habe dir gerade vorgelesen, was der Luki über dich sagt. Es ist eigentlich egal, mit wem man in der Mannschaft spricht – dich mögen alle. Man hat aber überhaupt den Eindruck, dass ihr alle sehr gut miteinander auskommt. Täuscht das?   

Nein, überhaupt nicht! Wir vertragen uns wirklich sehr gut miteinander, es gibt bei uns keine Gruppenbildung. Wir sind alle auch privat miteinander befreundet, feiern Geburtstage gemeinsam. Es ist echt schön, in einer so eingeschworenen Truppe zu spielen.

Reden wir wieder über die Zukunft. Du bist also überzeugt davon, auch im kommenden Jahr wieder Tore für unsere Roten schießen zu können?

Ja! Ich gebe sicher nicht auf, ich werde mich, auch wenn es anstrengend und hart wird, zurückkämpfen! Und dann werde ich nach einem Tor beim Jubeln wieder den Zeigefinger auf die Lippen legen. Diese Geste habe ich mir nach meinem 2. Kreuzbandriss angewöhnt. Da gab es ein paar Kritiker, die meinten, dass ich nicht mehr zurückkäme – denen wollte ich damit zeigen, dass sie vielleicht besser still sein hätten sollen!

Wenn wir über Tore, die du geschossen hast – oder über jene, die du hoffentlich noch schießen wirst –, dann müssen wir auch über Tore, die du nicht geschossen hast reden. Stichwort Bad Radkersburg …

Ja, da bin ich von der Mittellinie auf den Tormann zugelaufen. Auf so einer langen Strecke hat man halt viel Zeit zum Nachdenken. Vielleicht zu viel Zeit. Erst habe ich noch an einen Heber gedacht, dass dann verworfen. Und leider habe ich dann vor dem Goalie alles falsch gemacht. Ich mag solche Situationen ohnehin nicht besonders. Viel lieber mag ich Freistöße. Da erwartet nicht jeder ein Tor von dir, wenn dir dann eines gelingt, ist das umso schöner. Rennst du alleine auf den Goalie zu, sagt jeder „Der muss drin sein!“.    

 

„Heili“ zeichnet sich für mich durch seine Leidenschaft für den Fußball aus, wenn man bedenkt, wie viele Verletzungen er trotz seines jungen Alters bereits erleiden musste und trotzdem den Spaß daran noch nicht verloren hat. Darüber hinaus ist er für uns als Mannschaft  sehr wichtig, weil er Spiele alleine entscheiden kann. Am Menschen Marco Heil schätze ich die immer offen geführten Gespräche, seine Ehrlichkeit und dass man, wenn man mal etwas von ihm braucht, sich zu 100 Prozent auf ihn verlassen kann. Ich wünsche ihm für die Zukunft vor allem Gesundheit, das wäre in erster Linie für ihn, aber auch für das Team und den Verein eine tolle Sache! 

(Gerald Säumel über den Menschen und Spieler Marco Heil)

 

Stimmt es eigentlich, dass du in einer Fußballer-WG lebst?

Der Manuel Bloder und ich teilen uns eine Wohnung. Ich kenne den „Manu“ schon seit Jugendtagen, er ist ja aus Gleisdorf, ist also nicht allzu weit von mir entfernt aufgewachsen. Ich finde, dass der Manuel ein unglaublich wichtiger Spieler ist. Ich vergleiche ihn gerne mit dem Toni Kroos – das hört er aber nicht gerne, da er den Kroos nicht mag.

Du kommst aus einer Familie, die fußballbegeistert wie kaum eine andere ist, wohnst mit einem Mannschaftskollegen zusammen – hat auch dein Beruf mit Fußball zu tun?

Nein, gar nichts! Ich arbeite für die Finanzdienstleistungsagentur „Euro Finanz Service AG Direktion Rene Klammer“ und bin dort im Backoffice-Bereich. Wobei: Der Fußball spielt auch da eine gewisse Rolle. Ich checke dort für die Kunden von Martin Gründler, meinen ehemaligen Mitspieler bei Kalsdorf, die Verträge.

Als wir uns trennen, fällt mir „Paulchen Panther“ aus der Zeichentrickserie „Der rosarote Panther“ ein. Am Ende jeder Folge sagte der: „Heute ist nicht alle Tage; ich komm wieder, keine Frage!“ Marco Heil lebt wie kaum ein anderer Sportler dieses Motto. Zum Glück!  

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