GAK 1902 Aktuelles
News / Dieter Demmelmair / Samstag 16.02.2019

Das haben wir uns verdient!

Der GAK schlägt die Austria im Viertelfinale des UNIQA ÖFB-Cups mit 2:1. Ein Versuch, einen – im wahrsten Sinne – wundervollen Abend zu beschreiben.

Nein, er springt nicht jubelnd auf und ab. Er reckt auch nicht die Brust stolzgeschwellt nach oben. Und das Lächeln im Gesicht ist zwar breit, aber es lässt auch noch Platz für Demut. Demut, so etwas erleben zu dürfen. Demut, Teil dieser riesigen Familie sein zu dürfen. Demut, ein Wunder miterlebt haben zu dürfen.

Wenn man den Namen Dominik Derrant im Internet eingibt, dann findet man da keinen Marktwert. Nicht einmal ein paar Tausender. In seiner Transferhistorie gibt es keinen einzigen Profiklub. Und in Wildon, wo er vor dem GAK gekickt hat, haben ihn meist nur ein paar hundert Fans angefeuert. Nein, große Stadien kennt Dominik Derrant nur von Besuchen. Als Tourist.

Und jetzt sitzt er da, im VIP-Klub der "Merkur-Arena". Ein kleiner Angestellter, Sachbearbeiter bei der AUVA. Das, was er im Monat verdient, verdienen manche Profis der Austria in wenigen Tagen. Nicht in einem Büro, von dem aus sie zum Training hetzen. Die leben vom Fußball.

Und vielleicht beginnt genau da die Geschichte, die uns dieses Match erzählen wollte. Eine Geschichte, die man allzu leicht als Wunder bezeichnen könnte. Aber das ist sie nicht. Ein Märchen vielleicht, aber kein Wunder. Denn Wunder kann man nicht planen. Dieser Sieg gegen die Austria aber war geplant.

Denn die Austrianer, die leben VOM Fußball. Dominik Derrant, all seine Mannschaftskollegen und seine Trainer aber, die leben DEN Fußball. Jenen Fußball, den man mit drei L schreiben muss, die für Liebe, Lust und Leidenschaft stehen. Das ist unser Plan, seit der 1. Klasse. Jeder, der für uns kickt, tut das wegen uns. Mit uns. Für uns. Für diesen bunten, verrückten, liebevollen, riesigen Haufen, der wir sind. Wir, die GAK-Familie.

Die hat Mitglieder, vor denen du knien musst. Michael Prutsch ist so ein Mitglied. Arbeitet in Taiwans Hauptstadt Taipei, also nicht gerade ums Eck. Prutsch (27) werkt im Bereich erneuerbare Energie, seine Firma betreibt Offshore-Windkraftwerke im Meer. "Ich bin GAK-Fan seit ich denken kann", erzählt er. Er erzählt es am Stadionvorplatz. 27 Stunden dauerte seine Anreise, "dieses Match wollte ich unbedingt sehen!". Nach dem Spiel hat er uns eine Facebook-Nachricht geschickt: "Danke, GAK!", stand da. Mehr nicht – weil es alles sagt. 

(Michael Prutsch in Taipei - im GAK-Hoodie ...)

Die drei L, die leben bei uns eben nicht nur die Spieler, auch die Fans. Vor allem auch jene, die wochenlang ihre Freizeit opferten, um an der Choreografie zu arbeiten. Die sich die Seele aus dem Leib geschrien haben. Die immer da sind, die immer alles geben.

So wie Dominik Derrant. Da spielst du gegen die Austria, vor der Kulisse, live im TV. Und lässt dir nichts anmerken. Gar nichts. Klar, die Austria war von Beginn an dominant. In der 14. Minute passierte genau das, was sich alle Roten nicht gewünscht hatten. Dominik Prokop brachte die Austria in Führung. Ein frühes Tor – die fast 2.000 (!) Austrianer im Stadion dachten da wohl schon, dass die Geschichte erledigt sei. Aber an dieser schrieben eben auch Dominik Derrant & Co. mit. Und sie wollten unbedingt ihre eigene Geschichte schreiben. In der gab es nach dem Tor noch viele Chancen für die Austria. Aber eben auch Glück und Können, aber vor allem Wollen unserer Roten. Die gaben nicht auf, da blieb kein Kopf gesenkt.

Da wurde gefightet, wurde kein Respekt gezeigt. Auch der GAK kam in Halbzeit 1 zu Chancen, die blieben aber ungenutzt. Das alles aber änderte sich in der 2. Halbzeit. Da begann das Wunder, das keines ist. Und doch so wunderbar. Die meisten werden beim Ausgleich beginnen, wenn sie später, vielleicht ihren Enkeln, davon erzählen. Aber tatsächlich nahm das Wunder schon drei Minuten zuvor seinen Lauf. Da ließ ausgerechnet jener Dominik Derrant das ganze Stadion jublen. Nicht weil er ein Tor erzielte, weil er eines verhinderte. Ewandro hatte die größte Chance aufs 2:0 für die Austria, als er Patrick Haider umkurvte, war eigentlich klar, dass es fallen musste. Nur nicht für Derrant, der den FAK-Stürmer noch vor der Linie abgrätschte und sogar einen Abstoß (!) für den GAK erzwang.

Daraus entwickelte sich sinnbildlich ein Derrant-Tor: Kurz darauf schoss Marco Perchtold den Ausgleich für unsere immer stärker werdenden Roten (57.). Ja, der Marco Perchtold, der seine Profikarriere beendet hat, arbeitet und als Amateur zu seinem GAK zurückkehrte. Und so unglaublich wichtig für unsere Mannschaft wurde. Der Pass kam von Sebastian Prattes, letztes Frühjahr noch Spieler beim Landesligisten Lebring. Ja, Lebring, Wildon, Mettersdorf, da kickten sie noch vor Kurzem, jene Jungs, die da gestern zu Helden gegen die Austria wurden. Und alle wurden sie von Trainer David Preiß und Sportchef Alfred Gert geholt. Wie auch Philipp Wendler, der in der 58. Minute alleine aufs Tor stürmte und von Ewandro nur mit einem Foul gestoppt werden konnte. Wendler kam von Bad Gleichenberg aus der Regionalliga zum GAK, Ewandro von Udinese aus der Serie A zur Austria ...

Und spätestens als Alex Bauer, dieser so feine Kicker, den Gert und Preiß aus Wels holten, den darauffolgenden Freistoß an die Latte setzte, war klar: Da geht wirklich noch was! Und wie es ging: Der GAK, angepeitscht von fantastischen Fans (DANKE!), setzte nach. Neun Minuten später foulte James Jeggo Marco Perchtold – Gelb-Rot! Der GAK drückte nun weiter, die Austria blieb dennoch gefährlich. 

Und dann kam er, der vielleicht sinnbildlichste Moment des Abends. Und er begann mit Dominik Derrant. Der Ex-Wildoner flankte einen vom eingewechselten Ex-Weizer Philipp Schellnegger toll servierten Ball auf den Ex-Mettersdorfer Peter Kozissnik. Und der bediente den Ex-Wildoner Luka Kiric perfekt per Kopf. Und alles, was dann passierte, ist einfach nur mehr ein Traum. Aber ein wahrer, ein gelebter.

Neuzugang Daniel Geissler, auch er wurde im Finish eingewechselt, hatte sogar noch das 3:1 auf dem Fuß (89.). Nach vier Minuten Nachspielzeit pfiff der "neue beste Feind" der Austria-Spieler, Schiedsrichter Sebastian Gishammer, endlich ab. Lange nach dem Match wurde noch gefeiert. Etwa auch im VIP-Klub.

Und da saß er eben, der Dominik Derrant. Ganz bescheiden, aber dennoch ganz beseelt von dem, was da passiert ist. Was passiert ist, weil er es wollte. Was passiert ist, weil alle unsere Kicker so sind wie er. Weil sie mit Liebe, mit Lust, mit Leidenschaft für unsere Roten spielen. Weil sie für uns Fans, für all die ehrenamtlichen Helfer, für die großartig arbeitenden Trainer und Betreuer, für die hohe Risiken eingegangenen Funktionäre, eben für die ganze GAK-Familie, spielen.

Sie spielen für Michael Prutsch, der bei jedem Spiel in Taiwan vor dem Computer mitfiebert. Sie spielen für ihn, weil er vom anderen Ende der Welt für dieses eine Match nach Graz reist, um sie im Stadion anzufeuern. Sie spielen für uns alle, die wie Dominik Derrant fest daran glauben, dass nichts unmöglich ist. Wir haben diesen Klub aus den tiefsten Niederungen hinauf begleitet. Wir waren da und werden immer da bleiben.

Wir verneigen uns vor David Preiß und dem ganzen Betreuerteam. Wir knien vor Patrick Haider, Lukas Graf, Thomas Zündel, Peter Kozissnik, Sebastian Prattes, Alexander Bauer, Marco Perchtold, Luka Kiric, Alexander Rother, Philipp Wendler, Philipp Schellnegger, Daniel Geissler.

Und natürlich vor Dominik Derrant. Weil er ist, was alle seine Kollegen sind, wofür alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer stehen, alle Funktionäre, alle Fans. Einfach jede und jeder, der diesen großartigsten aller Klubs liebt. 

Jungs, ihr habt euch das so verdient! Und wir haben uns das auch verdient. Denn gemeinsam sind wir stark, denn:

WE ARE GAK!

 

(Geschafft! Michael Prutsch im Stadion – nach 27-stündiger Anreise ...!)

DER GRAZER STADTKLUB - gegründet 18.08.1902