News / Dieter Demmelmair / Sonntag 03.09.2017

Und irgendwann bleiben wir dann dort

Der GAK besiegt Heiligenkreuz am Waasen in einem heiß umkämpften Spiel mit 1:0 und übernimmt die Tabellenführung. Darüber hat auch ein Fan gejubelt, der den Titel eines STS-Songs gelebt hat.

Es war ein hartes, ein ungemein spannendes und ob all der Ingredienzien letztlich auch ein Spiel, welches man nicht so schnell vergessen wird. Marco Allmannsdorfer etwa wird das ganz gewiss nicht tun, war ein schweres Foul an ihm doch Teil der oben genannten Ingredienzien. 18 Minuten waren in Weinzödl gespielt, als Mohamad Sulaiman Mohsenzada unseren „Allmi“ an der Mittellinie sehr rüde von hinten attackierte. Die Konsequenzen: Allmannsdorfer musste mit schmerzverzerrtem Gesicht verletzt raus, Mohsenzada, der – das muss auch gesagt werden – sichtlich betroffen ob des angerichteten Schadens war, bekam eine von vielen der 1.849 Fans als zu geringe Strafe angesehene gelbe Karte.

Auch Karl-Heinz Riegler wird so gedacht haben. Er ist jener Fan, den wir im Rahmen unserer losen Serie von in die Matchberichte eingearbeiteten Fanportraits diesmal vorstellen wollen. Der bald 52-jährige (er feiert am 11. September Geburtstag) ist vielen GAK-Fans auch unter seinem Facebook-Profilnamen bekannt – dieser lautet „Carlos Pura Vida“. Dazu später mehr.

Ich war 5 Jahre alt, als mich mein Vater 1970 zum ersten Mal in die Körösistraße mitnahm. Seit damals bin ich ein Roter durch und durch.  Ich war einer der Kuttenträger, habe immer eine ärmellose Jeanskutte getragen, mit vielen Aufnähern von Klubs aus ganz Europa drauf. Die waren damals gar nicht leicht zu bekommen. Ein befreundeter Rapid-Fan hat mir die besorgt. Auf meine Kutte war und bin ich stolz. So stolz, dass ich sie dem GAK zur Verfügung gestellt habe und sie jetzt im „Club 1902“ hängt.

Für Allmannsdorfer kam Gerald Säumel ins Spiel – und er war es, der die Aktion zum 1:0-Endstand einleitete. So wie beim Auswärtssieg in St. Anna, wo er das 2:1-Siegestor einleitete. Nach einem Eckball kam der Ball in Richtung Mittellinie zu ihm, er überließ ihn Dominik Hackinger, der in gewohnt großartiger Manier Richtung Heiligenkreuz-Tor startete und Dominik Messner am rechten Flügel bediente. Der machte sich am Vorabend seines 25. Geburtstags (Gratulation!) selbst – und uns allen – ein wunderbares Geschenk, indem er einen gegnerischen Verteidiger perfekt ausspielte und den durch die Mitte stürmenden Hackinger ideal bediente. Ein wunderbares Tor – über das sich auch Riegler natürlich sehr freute.

Der GAK hat mir in meinem Leben schon sehr viel Freude geschenkt. Ich war in Liverpool dabei, beim 1:0-Sieg, war in Mailand, in Glasgow. Das allerschönste Erlebnis aber war die Überreichung des Meistertellers 2004 in der Südstadt. Schon die Hinfahrt dorthin war einfach unglaublich. Die ganze Südautobahn war voll mit Bussen mit GAK-Fans, überall sah man Fahnen, rotgekleidete Menschen – einfach überwältigend! Das war dann damals aber auch ein Abschied vom GAK für mich.

Ich bin ökologischer Landschaftsarchitekt, habe damals das Angebot bekommen, eine Teakholzfarm in Costa Rica zu leiten. Ich habe mich von Anfang an in das Land und die Leute, aber vor allem deren Art zu leben, verliebt. Wenn man sich dort näher kennt, begrüßt man sich mit „Pura vida“, man wünscht sich also wörtlich „pures Leben“. In Costa Rica bedeutet dieser Gruß „Genieße dein Leben!“. Und das habe ich. Ich habe damals ja alles hinter mir gelassen, und ganz rasch war mir klar: Hier will ich für immer bleiben.

Riegler, Vater dreier Kinder, war so gefangen von der Schönheit des mittelamerikanischen Landes und dem tollen Job, dass er in der Ferne kaum Notiz vom GAK nahm. Notiz nehmen von durchaus gefährlichen Heiligenkreuzern musste unser Team am Samstag aber sehr wohl. Denn die Truppe von Coach David Preiss zeigte, warum sie sich schon länger in der Landesliga halten kann. Man spielte sehr hart, aber auch durchaus effizient. In der 19. Minute köpfelte Daniel Hofer noch knapp drüber, in der 40. Minute musste Patrick Haider aber aktiv werden, um den Ausgleich zu verhindern. Seine Parade gegen den aus wenigen Metern schießenden Mohsenzada war einfach großartig.

Das Paradies ist auch großartig. Klar, dass man dort bleiben will. Aber manchmal ist es so wie im Fußball: Alles passt, du bist klar überlegen, der Sieg ist zum Greifen nahe – und dann schlägt das Schicksal erbarmungslos zu. Ein kurzer Augenblick, ein Zufall, ein paar Zentimeter – sie können alles ändern.

Im Jahr 2008 habe ich unverschuldet einen schweren Motorradunfall gehabt, an den Spätfolgen des schweren Schädelhirntraumas laboriere ich noch immer. Ich lag drei Monate lang im Koma, wurde nach Österreich zurückgeflogen, musste monatelang rehabilitiert werden. Und nachdem ich mich ja vier Jahre lang nicht mit dem GAK beschäftigt habe, habe ich auch kaum mitbekommen, was da in der Zwischenzeit geschehen ist. Ich war völlig perplex, als ich erfahren habe, dass wir in der Regionalliga spielen – als ich nach Costa Rica ging, waren wir doch gerade erst Meister geworden, haben in Liverpool gewonnen …

1:0 besiegte unser GAK damals den späteren Championsleaguesieger und zweitliebsten Riegler-Klub. Beim 1:0 für unsere Roten blieb es auch am Samstag. Patrick Haiders Können bei einer weiteren Topchance der Gegner (84. Minute, Freistoß von Johannes Driesner aus großer Distanz), Kampfkraft des gesamten Teams, und auch ein bisschen Glück in der 70. Minute, als ein Kopfball der Heiligenkreuzer nur an die Latte geht – das alles hat den Sieg ermöglicht. Und damit auch den Sprung an die Tabellenspitze. Womit wir wieder beim STS-Song wären. Dort wollen wir nämlich bleiben. Aber – und das bleibt noch immer Ziel in dieser ersten Landesligasaison: Wir wollen einfach nur vorne mitspielen. Und auch wenn wir das nicht würden: Karl-Heinz Riegler wird das GAK-Leben immer genießen.

Ich habe ja einst selbst bis zur U21 beim GAK gespielt. Dieser Verein begeistert mich jedes Mal aufs Neue. Ich mag, wie bodenständig er gerade jetzt agiert. Und ich mag ganz besonders den Dominik Hackinger, der ist mein derzeitiger Lieblingsspieler. Früher war das übrigens der Savo Ekmecic. Für mich gilt, was unsere Fans so gerne singen: „Wir lieben unseren Klub, sind immer mit dabei, die Nummer 1 der Stadt, seit 1902 …“

Ja, die sportliche Nummer 1 sind wir derzeit sogar auch auf Landesebene (ok, ich korrigiere: auf Landesligaebene …). Und ganz egal, was bei den nächsten beiden schweren Spielen auswärts in Gnas (Freitag, 19 Uhr) und daheim gegen Fürstenfeld (Samstag, 16. 9., 18.30 Uhr) passiert, ganz egal, was danach noch alles passiert: Wir sind alle wie Karl-Heinz Riegler. Wir genießen „la pura Vida“ mit dem GAK und dank des GAK. Und was unsere Herzen anbelangt: Der GAK muss nicht irgendwann dort bleiben, der ist schon dort.

WE ARE GAK!  

 

DER GRAZER STADTKLUB - gegründet 18.08.1902