GAK 1902 Aktuelles
News / Mike Rath / Donnerstag 19.03.2020

Fußball im GAK in der Zeit des Nationalsozialismus

Die Geschichte des steirischen Fußballs in der Zeit des Nationalsozialismus und speziell des GAK wurde erst in den letzten Jahren Thema der Geschichtswissenschaft. Von Seiten der Vereine wurde die Zeit kaum behandelt, so auch von Seiten unseres Vereins. Erstmalig versucht gegenwärtig ein Forscherteam des Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung Licht in dieses bislang im Dunkel liegende Kapitel des steirischen Fußballs zu bringen. Die beiden bisher erschienen Zwischenberichte zum Forschungsstand die am Ende dieser Einleitung angeführt sind können erste Einblicke liefern, eine Monographie zum Thema wird in naher Zukunft erscheinen. Zugleich wird auch der für den GAK „zuständige“ Projektmitarbeiter, Hr. Mag. Harald Knoll, uns die Ergebnisse in Form eines Artikels zur Verfügung stellen.

Um einige „heikle“ Flecken unserer Geschichte verstehen zu können, wozu Deutschnationalismus und Antisemitismus im Verein zählen ist es notwendig, auch die Stadtgeschichte vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges mit zu bedenken.

Der GAK war seit seiner Gründung in seiner gesellschaftlichen Ausrichtung zweifellos stark deutschnational geprägt, was auch aus der in Graz vorherrschenden politischen Strömung resultiert. Graz verstand sich zu jener Zeit als „Bollwerk gegen das Slawentum“ und Deutschnationalismus war quer durch alle Parteien die vorherrschende gesellschaftliche Denkausrichtung. Ähnlich verhält es sich mit dem Antisemitismus: Seit der Gründung hatte der GAK einen sogenannten „Arierparagraphen“ in seinen Statuten verankert (in § 2 heißt es: „Der Club besteht aus aus[ü]benden und unterstützenden Mitgliedern. M[it]glieder können nur Deutsche arischer Abkunft werden.“; Gründungsstatuten Zeile 6 und 7). Ohne diesen antisemitischen Passus herunterspielen zu wollen sei angemerkt, dass sowohl der SK Sturm (gegr. 1909) und zahlreiche andere bürgerliche Vereine ebenso diesen Punkt in ihren Gründungssatzungen hatten, wie auch deklariert deutschnationale Vereine wie der Deutsche Sportklub Leoben (gegr. 1895, Fußball ab 1905), der Turnverein Leibnitz oder der Donawitzer Werkssportverein der Alpine Montan Gesellschaft (gegr. 1928) oder sogar Arbeitervereine wie der Post SV (gegr. 1921). Antisemitismus war in unterschiedlichen politischen Lagern fest verwurzelt, etwa als rassischer Antisemitismus („Untermenschen“) im Deutschnationalen Lager, als klerikaler A. („Christusmörder“) im Christlichsozialen Lager oder als antikapitalistischer A. („Geldjude“) auch in der Arbeiterbewegung. Diese Umstände können jedoch keinesfalls relativieren, dass der GAK in der Festschrift zu seinem 25-jährigen Jubiläum stolz betont: „Der wichtigste Punkt in den Satzungen war die Stellung des Vereins auf deutsch-arischer [Hervorhebung im Original] Grundlage. Juden und Judenstämmlinge waren von der Aufnahme ausgeschlossen. Diesem Grundsatze ist der Klub bis auf den heutigen Tag unentwegt treu geblieben.“(GAK-Mitteilungen, Nr. 10, Jubiläumsausgabe, 15.10.1927, S.3). Anders als andere Fußballvereine die den Sportverkehr mit jüdischen Sportlern ablehnten spielte der GAK jedoch gegen jüdische Vereine und führt in derselben Jubiläumsausgabe eine Zahl von „Freundschaftsgeschenken“ an, worunter neben Geschenken von den politisch näherstehenden Vereinen wie dem Dt. Sportklub Leoben oder dem deutschnationalen Wr. Sportclub auch ein Wimpel von Hakoah Graz und einer von Hakoah Wien fallen. Die Hakoah Wien war auch – als führender Schwimmverein der Zwischenkriegszeit – prominenter Gegner und Zugpferd bei einem vom GAK veranstalteten Schwimmwettkampf in Graz. Bei diesem Wettkampf wurde etwa die Wasserballmannschaft, die der Hakoah Wien gegenübertrat aus Sportlern von GAK und Hakoah Graz gemeinsam („kombiniert“) gebildet. GAK-Tormann Rudi Hiden erwähnt, dass zu seiner Abschiedsfeier aus Graz, als er zum Wiener Athletiksportklub (WAC) wechselte auch Julius Grünhut, vielfacher Spieler der steirischen Auswahl, Fußballgröße der Hakoah Graz und späterer Meistertrainer der Grazer Austria, erschienen war und eine berührende Rede gehalten habe.

Durch diese Episoden wird deutlich, dass der Allroundsportverein GAK in der Auslegung seines Arierparagraphen mitunter heterogen vorging. Während manche Sektionen ihn rigoros auslegten und folglich internationalen Sportverkehr ablehnten, was zu klubinternen Debatten führte, überwog etwa in der Fußballsektion die Sicht des Sportes als „unpolitisch“ und somit das Votum für ein Nebeneinander, fallweise auch Miteinander von jüdischen und deutschnationalen Vereinen.

Es verwundert daher nicht, dass im GAK auch Funktionäre und Sportler die in verschiedenen Parteien mehr oder weniger engagiert waren, tätig waren. Vom Forscherteam um Iber und Knoll konnte festgestellt werden, dass der Mythos, der GAK sei damals ein „Naziverein“ gewesen einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhält. So finden sich zwar die NSDAP-Mitglieder Dr. Armin Arbeiter und Dr. Friedrich Sartory (seit 1931!) ebenso im GAK wie die Christlichsozialen Franz Ircher (der von den Nazis seiner Funktionen im Fußballverband enthoben wurde) oder als Vereinsmitglied der im KZ Dachau und ab 1944 im KZ Flossenbürg inhaftierte spätere Bundeskanzler der ÖVP, Alfons Gorbach. Auch der prominente GAK-Funktionär Karl Fiedler, der in der Zeit des Nationalsozialismus die Geschicke des Klubs als „Sportwart“ lenkte kann in keiner Weise als Parteigänger des Regimes bezeichnet werden sondern muss eindeutig als „unpolitisch“ eingestuft werden.

Wenn dem GAK vorgeworfen wird, dass die Leichtathletiksektion des Vereins einen Lauf für Werbung für ein „Ja“ zum Anschluss nutzte muss auf die politische Heterogenität der verschiedenen Sektionen ebenso hingewiesen werden wie auf den Umstand, dass nicht nur der GAK sondern auch andere Fußballklubs in einer Art vorauseilendem Gehorsam wenig später verpflichtend vorgeschriebene Maßnahmen wie etwa den „Deutschen Gruß“ umsetzten. Dass der GAK (und die Grazer Austria) bei einem Spiel am 13.3.1938 selbigen als erste Vereine „zeigten“ ist daher wohl lediglich ein Zufall – hätte z.B. Sturm gegen Südbahn gespielt wären es wohl diese beiden Mannschaften gewesen.

Sportlich war der GAK bereits seit Mitte der 30er-Jahre am absteigenden Ast: mit der Berufung Franz Irchers zum „Landessportkomissär der österreichischen Sport- und Turnfront für Steiermark“ fehlte im Verein selbst die Stimme der Fußballer im Vorstand, was angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation zur Vernachlässigung der Fußballsektion und damit zu deren sportlichem Abstieg führte. In der Zeit des Nationalsozialismus änderte sich daran nichts. Kriegsbedingt war der Klub infolge der Einberufung seiner Spieler gegenüber Werksvereinen deren Spieler als „kriegswichtig“ eingestuft waren und die daher (noch) nicht einberufen wurden, benachteiligt. Diese Einschränkung wurde teilweise durch die Heranziehung von in Graz stationierten Soldaten und durch den Einsatz Jugendlicher zu kompensieren versucht. Insgesamt muss jedoch von einem „Notbetrieb im Krieg“ gesprochen werden. Es zeigt sich auch deutlich, dass mit WSV Donawitz, Grazer Sportclub Straßenbahn, Kapfenberg (Böhler-Werke!), Reichsbahn Graz (vormals „Südbahn“, ab der Saison 48/49 Austria Graz) in erster Linie Werksvereine die steirische Meisterschaft dominieren, während der GAK mittelmäßig abschneidet. In der Gauliga war zu jener Zeit ebenfalls ein steirischer Verein (GSC oder Sturm) vertreten – der GAK war von solchen „Höhen“ weit entfernt: in der Zeit der NS-Herrschaft belegte der Klub 2x den dritten, 1x den vierten, 2x den fünften und einmal den sechsten Platz in der steirischen (!) Liga. Auch im „Tschammer-Pokal“ (benannt nach dem Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten) war für den GAK meist in der ersten (Vor-)Runde Endstation.

Abschließend sei auf die bereits publizierten Artikel der Forscher des Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung zur weiterführenden Vertiefung ins Thema verwiesen, die auch die inhaltliche Basis dieser Darstellung bilden.


Quellen:

Walter M. Iber, Harald Knoll, Alexander Fritz, Der steirische Fußball und seine Traditionsvereine in der NS-Zeit 1938-45. Schlaglichter auf erste Forschungsergebnisse, S. 186-200 in: David Forster, Jakob Rosenberg, Georg Spitaler (Hg.): Fußball unterm Hakenkreuz in der `Ostmark´, Göttingen 2014.

Walter M. Iber, Harald Knoll, Von Jubelschriften und Vereinsegoismen. Der steirische Fußball und seine Traditionsvereine in der NS-Zeit 1938-45: ein Forschungsbericht, S.333-355 in: Johannes Gießauf, Walter M. Iber, Harald Knoll (Hg.), Fußball, Macht und Diktatur: Streiflichter auf den Stand der historischen Forschung, Innsbruck, Wien 2014.

DER GRAZER STADTKLUB - gegründet 18.08.1902