Beim 2:0 gegen Horn hat der GAK den Anschluss an die Tabellenspitze vollzogen.
Wer einmal in zwanzig Jahren aus Anlass einer Taufe, Hochzeit oder ähnlicher ritueller Veranstaltungen eine Kirche aufsucht und dort versucht, nach Leibeskräften mitzusingen, erlebt nicht selten, dass zwar allen die gleichen Notenblätter und Texte vorliegen, dennoch ein – vorsichtig gesprochen – sehr unterschiedlicher melodiöser Zugang der Singenden eine gewisse „Verschiedenheit“ im Gesamtklangbild erzeugt. Wenn alle dasselbe (oder im Fall der verschiedenen Notenblätter eben das gleiche) sehen, aber dennoch eine gewisse Unterschiedlichkeit der Ausführung, also der Beschreibung des Gesehenen nicht zu leugnen ist, benennt das die Musikwissenschaft mit dem hübschen Fremdwort „Variantenheterophonie“, während der Volksmund einen einfacheren Ausdruck geprägt hat. Wenn dasselbe gesehen, aber nicht gleich gesehen wurde, obwohl das Ergebnis außer Frage steht, verwendet er gern die Phrase „so oder so“. So ist’s beim Matchbeobachten auch, der eine sagt so, die andere so.
Man kann natürlich die erste Halbzeit des Spieles gegen Horn so sehen, wie es die meisten Spielberichte in den Tageszeitungen und Onlineportalen getan haben. Ereignisarm sei die erste Hälfte gewesen, die Mannschaften hätten einander abgetastet, keine sei so richtig gefährlich geworden und außerdem – darauf läufts dann gerne hinaus – hätten „die Tore gefehlt“. Man kann aber auch sagen, womit man auch keineswegs falsch liegen würde, dass die Mannschaft gemäß der von Trainer Messner vor dem Liefering-Heimspiel ausgegebenen Maxime, man wolle von Anfang an nach vorn spielen und zeigen, dass man die bessere Mannschaft sei, gehandelt hat und so ins Spiel gegangen ist, als wolle man den Gegner mit Haut und Haar verspeisen. Man hat Druck gemacht, nach wunderbarer Vorarbeit ein schönes, sehr frühes Tor geschossen, dem nur der Makel anhaftete, dass zuvor Abseits gegeben wurde, und die Horner Mannen nahezu zwölf Minuten gar nicht aus der eigenen Hälfte rausgelassen. In der zwölften Minute hat dann nur mehr der gelungene Pass von Kalajdžić auf Peham gefehlt, um eine Großchance zu kreieren. Erst in der 14. Minute schießt Horn von halbrechts auf unser Tor, der Ball geht aber vorbei. Man kann natürlich sagen, dass der GAK aus der anfänglichen totalen Überlegenheit zu wenig gemacht hätte, man kann aber auch sagen (und wird damit wieder richtig liegen), dass man gegen die beste Defensive der zweiten Liga angetreten ist, die zu diesem Zeitpunkt nur fünf Tore in sieben Runden kassieren musste. Man kann behaupten, dass die Horner zunehmend stärker wurden, sollte aber nicht verschweigen, dass ihr zweiter Schuss (und der erste, der unser Tor traf) in der 22. Minute kein Problem für Meierhofer darstellte, der den Ball locker fangen konnte. Man könnte erwähnen, dass Chancen insgesamt Mangelware blieben, sollte aber den guten Weitschuss von Rusek in der 31. Minute nicht vergessen, der wunderschön freigespielt worden war, den Ball aber knapp über die Querlatte ballerte. Man möge die Chance der Horner in der 44. Minute nicht für sich behalten, als Meierhofer einen Ball nicht festhalten konnte und sollte nicht verschweigen, dass dem GAK in den letzten Minuten der ersten Halbzeit zwei, drei unnötige Konzentrationsfehler unterliefen, in denen die Horner Blitzgneißer ihre Gefährlichkeit zumindest andeuten konnten.
Mann kann natürlich auch die Sichtweise vertreten, dass die nachlassende drückende spielerische Überlegenheit der Roten einigen originellen Entscheidungen von Schiedsrichter Barmaksiz geschuldet gewesen sei, deren wahrscheinlich unterhaltsamste der nicht gegebene Freistoß nach klarem Check an Liendl nach etwa 25 Minuten gewesen ist. Dann gab’s kurz vor Ende der ersten 45 Minuten ein nicht gegebenes Foul an Köchl, das dadurch notwendig gewordene Foul von Rusek wurde allerdings gepfiffen, was nach dem erfolgten Freistoß ein übersehenes, ganz klares Handspiel im Horner Angriff nach sich zog. Aber, so oder so, Jacke wie Hose, total egal, Schiedsrichterentscheidungen sollen nie eine Ausrede sein. Die Leistung muss überzeugen. Und eine solche überzeugende Leistung hat man – mit leichter spielerischer Überlegenheit des GAK letztlich von beiden guten Mannschaften in dieser ersten Halbzeit gesehen.
Es ist natürlich gehupft wie gesprungen, ob man in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit in der Hauptsache die Horner als gefährlichere Mannschaft sieht. Man kann aber natürlich auch die Sichtweise teilen, dass alles anders gekommen wäre, hätte Peham in der 46. Minute den knapp nicht erreichten schönen Lochpass zur Verwertung bringen können. Obwohl man natürlich zugeben muss, dass die Horner von Minute 46 bis 65 wohl die etwas stärkere Mannschaft waren, während die in der ersten Halbzeit wie aufgezogen gelaufene Mannschaft der Roten in einzelnen Mannschaftsteilen etwas müder wurde, was manch unerzwungenen Fehler zur Folge hatte, wie den unnotwendigen Corner, den man dem Gegner in der 49. Minute geschenkt hat. Freilich gehen auch die originellen Entscheidungen des Schiedsrichters zunehmend zu unseren Ungunsten weiter, aber das ist so oder so egal, wie ja schon zuvor ausgeführt.
In der 63. Minute hat Horn dann die wahrscheinlich bisher größte Chance im Spiel. Unsere unkonzentrierter werdende Mannschaft verteidigt verbesserungswürdig, Mijic hält das Bein hin, aber der Schuss geht am Tor vorbei. Sowas haben andere schon reingebracht. Dennoch kann man es auch so sehen, dass dieser Moment der einzige im Spiel gewesen ist, in dem dem GAK das Glück des Tüchtigen zur Seite stehen musste.
Fraglos kann man behaupten, dass der Trainer nicht die richtigen Stürmer aufgestellt hat, wenn nach dem Austausch des Sturmduos die Tore fallen. Man kann aber natürlich auch einen cleveren Matchplan sehen, der in der 66. Minute zum Dreiertausch geführt hat, der dem GAK die notwendige Frische zurückgebracht hat. Die unermüdlich gerackert habenden Stürmer Peham und Kalajdžić, sowie der wie immer kämpferische Rusek gehen und Rauter, Eloshvili und Schriebl kommen. Und das war der „Zug mit Rufzeichen“ (Volksmund), für den derselbe immer rege Volksmund die Phrase von des Trainers „Goldhändchen“ geprägt hat. Nur zwei Minuten und einen Freistoß von Liendl braucht es, an dessen Ende Perchtold am Platz des Verantwortungsträgers steht und den Ball zum 1:0 versenkt. Und ab da kann man das Spiel natürlich als ein Hin- und her, als Kampfspiel oder „typisches Cupspiel“ (der Volksmund schon wieder) bezeichnen. Man würde aber auch nicht falsch liegen, wenn man den wiedererstarkten GAK als die nunmehr bleibend spielbestimmende Mannschaft sieht, die zwei Minuten nach der Führung den nächsten vielversprechenden Schuss abgibt. Etwa um diese Zeit kommt Graf für den Rackerer Köchl ins Spiel und wird seine Aufgaben gewohnt ruhig und souverän erledigen. In der 76. Minute vergibt der GAK die Riesenchance auf den verdienten zweiten Treffer in gleich mehreren Anläufen. Aber fünf Minuten später macht Eloshvili mit dem 2:0 alles klar. Und hier darf man die Vorarbeit von Rauter nicht unerwähnt lassen, der sich im Mittelfeld den Ball erkämpft, ihn sich nicht wegnehmen lässt und so die gefährliche Situation im Horner Strafraum erzwingt. In der 86. Minute geht dann noch ein Schuss des wunderbaren Koller knapp über das Tor der Horner, in der 89. Minute verlässt Jager für Huber das Feld und nach vier Minuten Nachspielzeit ist das Match vorbei und ein verdienter 2:0-Sieg eingefahren.
Man kann zweifellos der Ansicht sein, dass es unnotwendig ist, sich ein paar Sekunden nach Spielende wie Eloshvili eine gelbe Karte wegen Schiedsrichterkritik zu holen. Man kann aber auch nachsichtig sein und Verständnis für den Torschützen aufbringen, der – nur zum Beispiel – von seinem Gegenspieler in Minute 70 festgehalten wurde, damit er den Ball vor dem Überschreiten der Outlinie nicht mehr erreicht undundund (was jeweils keine Reaktion des schwarzen Mannes nach sich zog). Man kann aber natürlich wie die Pfälzer sagen, das sei gehubbst wie gehickelt (bringe ich nur, weil es so entzückend klingt), also wurscht, egal, schnuppe, es käme so oder so nicht drauf an, ihr versteht? Denn letztlich zählt das Ergebnis und das bringt einen verdienten Sieger in Rot, der nach der Sonntagsniederlage von Amstetten bei der Vienna nur mehr zwei Punkte hinter dem Tabellenführer liegt. Hört man Benjamin Rosenbergers Aussagen nach dem Spiel, der zurecht seine Verteidigung mit dem bisher zu Unrecht nicht erwähnten und großartigen Jovičić lobt und darauf verweist, dass noch nicht „alles aufgegangen“ sei, dann darf man sich vielleicht noch auf weitere Steigerungen freuen, denn wie sagte Trainer Gernot Messner vor dem Spiel: „Wenn man vorne mitspielen will, muss man sowieso alles gewinnen.“
Alfred Haidacher
Fotos: GEPA pictures