Heute Früh bin ich aufgewacht und brauchte eine Zeitlang, um zu realisieren, dass das unglaubliche Spiel von Freitagabend kein Traum gewesen ist, kein Wunschtraum. Dinge mit einer vergleichbaren Dramaturgie gibt es im echten Fußball-Leben nämlich selten.
Der GAK ist mit einer berechtigten Erwartungshaltung nach Wien gefahren, zum First Vienna FC 1894. Schließlich hatte man 2 Siege in den ersten beiden Meisterschaftsspielen im Gepäck und ein Torverhältnis von 4:0.
Der Beginn der Partie war unaufgeregt. Der GAK spielte selbstbewusst, aber nicht hysterisch nach vorne. Die Vienna hatte den schlechten Saisonstart mit einer Niederlage und einem Unentschieden abgehakt, stand sicher und mit Fortdauer der Partie schaltete man immer wieder blitzschnell um, stach in die sehr hoch stehende GAK Verteidigung hinein.
Das erste Mal konnte man den GAK in der 19. Minute überraschen und fast zeitgleich schocken. Jakob Meierhofer konnte einen starken Schuss zwar mit tollem Reflex parieren, der Ball landete aber mittig gerade einmal sieben Meter vor dem Tor. Ex-GAK-Angreifer Peham konnte ziemlich unbehelligt auf 1:0 stellen. Der GAK war nun sichtlich irritiert. Und in diese Schockstarre hinein übernahm wiederum Peham eine herrliche Flanke und netzte mittels sehenswertem Hechtköpfler unhaltbar. Nach nur 25 Minuten stand es 2:0. Im Normalfall reicht es bei so einem Rückstand nicht mehr zum Sieg. Die Tabellenführung, die man vor Augen hatte – St. Pölten hatte zuvor eine Heimniederlage gegen Liefering kassiert – wurde schlagartig zur Fata Morgana. Entsprechend sah nun eine Zeitlang das Spiel des GAK aus, hektisch und entnervt. Mit einer Doppelchance von Michael Cheukoua fuhr allerdings neuer Mut in die Mannschaft: Einmal scheiterte er nach schöner eigener Vorarbeit an Tormann Ecker, kurz später setzte er nach wunderbarem Lochpass das Leder um Zentimeter links am Tor vorbei.
Hinein in diese Drangperiode pfiff der Schiri die Teams zum Kabinengespräch. Vienna durfte im selben Ausmaß erfreut und überrascht sein, wie der GAK nun in privatem Rahmen, einen Plan finden musste, die zweiten 45 Minuten zu nutzen, um die Niederlage abzuwenden.
Und in der Tat kamen die Rotjacken mit viel Schwung aufs Feld, während die Vienna anscheinend den Plan verfolgte, keine großartigen Risiken einzugehen. Das verschaffte dem GAK viel Platz. Und es dauerte nur bis zur 51. Minute, bis Daniel Maderner in den Strafraum zog und das aufgeregte Abwehrverhalten von Sanogo den Schiri zum sofortigen Pfiff animierte. Elfmeter! Der Gefoulte selbst trat an und setzte den Ball präzise und scharf ins rechte Eck. Nur noch 2:1. Und viel Zeit. Der GAK schickte jetzt eine Reihe schöner Angriffe in Richtung Vienna Strafraum. Die Wiener störten hin und wieder mit flink gespielten Spielzügen die Überlegenheit des GAK. Darüber hinaus stand die Vienna Abwehr geballt und unbeeindruckt.
Bis zur 72. Minute. Daniel Maderner llief in einen perfekt ausgeführten scharfen Eckball und knallte das Leder mit dem Kopf unter die Querlatte. Doppelpack. 2:2. Jetzt waren bei der Vienna sowohl die 3 Punkte als auch die Sicherheit im Spiel dahin. Die Rollen waren verteilt: Die Vienna versuchte, sich darüber klar zu werden, was eigentlich los ist. Der GAK hatte Lunte gerochen und erhöhte abermals das Tempo. Und schon wenige Minuten später ging der großartig aufgeigende Michael Cheukoua fast an die Cornerlinie, spielte den Ball perfekt vors Tor und der in der 62. Minute aufs Feld gekommene Thomas Schiestl pflückte ihn herunter und stellte in der 77. Minute das Spiel auf den Kopf und drehte die Anzeigentafel souverän auf 3:2 für den GAK.
Die Vienna musste nun alles versuchen, allerdings waren Beine, Kopf und Herz schwer nach diesem Spielverlauf. Und der GAK brachte den Sieg trocken hinaus in den Mannschaftsbus, um die 3 Punkte nach Graz zu transportieren.
Ein Wahnsinnsspiel. Und eine unglaubliche spielerische, aber auch mentale Leistung des GAK nach dem 0:2 Rückstand.
Rosso!