GAK 1902 Aktuelles
News / Mike Markart / Montag 11.11.2019

Zehn Minuten zu neunt

In den letzten Jahren seit der Neugründung, in welchen der GAK so gut wie immer gewonnen hat, war Fußball Medizin. Ganz egal, woran man gelitten hatte, als man ins Stadion im Norden von Graz kam, man fuhr geheilt nach Hause.

Nun sind wir in der 2. Liga gelandet, haben auch kennengelernt, wie bitter Niederlagen schmecken können. Und wenn man in der Tabelle einen Platz einnimmt, der einem freie Sicht auf die Abstiegsplätze bietet, sind die Zeiten total entspannter Fußballspiele zumindest vorläufig vorbei. Zu einem Zeitpunkt, an dem der letzte Sieg viele Wochen zurück liegt, nach in die Oststeiermark nach Lafnitz zu müssen ist kein gemütlicher Wochenendausflug in dem Sinn. Vielmehr ein Gewaltmarsch, auf den sich keiner freut. Dass ich zusätzlich an einem grippalen Infekt leide, als ich mich vor den Fernseher lege, um das Spiel anzuschauen, macht die Sache für mich nicht besser. Denn es ist ja nicht so, dass ich krank bin und mir alles egal ist. Vielmehr sehe ich mich mit der Tatsache konfrontiert, dass mein geschwächter Körper ein gutes Spiel und Punkte für meine Roten braucht, um nicht komplett zu verfallen. Das weiß ich. Ich kenne mich lang genug.

David Preiss schickt jene Mannschaft aufs Feld, welche in den letzten zwei Runden gut gespielt und zwei Unentschieden geholt hat. Das beruhigt mich grundsätzlich. Die Verteidigung tritt wieder viel organisierter auf. Und Weissenbacher ist ein großartiger Schlussmann. Bereits in der 4. Minute nimmt Filip Smoljan den Ball schön mit, scheitert aber am herauseilenden Lafnitz Tormann Zingl. Leider geht es aber nicht in dieser Tonart weiter, Lafnitz übernimmt das Kommando über den Raum vor allem zwischen den zwei Strafräumen. Während der GAK in den ersten 45 Minuten keine wirklich große Torchance vorfindet, welcher ich nachtrauern müsste, kommt Lafnitz einige Male zu guten Möglichkeiten, vergibt sie aber. In der 14. Minute landet ein weiter Einwurf am 16er, der Ball fliegt jedoch in die Wolken. Nur drei Minuten später köpfelt Varga eine Hereingabe von Lichtenberger knapp neben das Tor. Weissenbacher prallt mit Varga zusammen und muss kurz versorgt werden. Spätestens jetzt hätte auch ich eine Labung nötig. Denn Lafnitz ist die spielbestimmende Mannschaft. Der Wunsch, ohne Gegentreffer in die Pause zu kommen erfüllt sich. Das hält mich zumindest am Leben. Was ich gesehen habe ist aber alles andere als Medizin für mich. 

Zur zweiten Hälfte kommt statt Smoljan Barbosa aufs Feld. Ich kann mich aber nur sechs Minuten über diesen Wechsel wundern, da setzen die Oststeirer einen Corner auf den ersten Pfosten. Jovicic kann sich durchsetzen und netzt mit dem Kopf unhaltbar aus fünf Metern. Spätestens jetzt überlege ich, ob ich nicht doch den Arzt rufen soll, denn mein Zustand fällt innerhalb eines traumatischen Moments in den Abgrund. Barbosa hat schon nach etwas mehr als zehn Minuten genug. Nach einem derben Foul von Lukovic bedankt er sich mit einem Tritt ins Gesicht des Lafnitzers. Eine Zeitlang spielen seine Kollegen wie im „Schockraum“. In der 63. Minute kommt Wendler für Krznaric. Und bereits fünf Minuten später läuft er rechts alleine auf Keeper Zingl zu, seinen platzierten Schuss kann der Goalie jedoch noch in den Corner wehren. Von dort kommt der Ball allerdings vollkommen unbedrängt in den 16er und Hacki sagt einfach danke. 1:1. Endlich ein Tropfen Medizin für mich. Die Verteidigung des GAK steht bombenfest und immer wieder ergeben sich vielversprechende Konter. Allerdings auch für Lafnitz. In der 80. Minute muss Gantschnig das taktische Foul machen. Das ist die 2. Gelbe für ihn. Da waren‘s nur noch 9. Und noch zehn Minuten zu spielen. Eine lange Zeit. Wenn ich nicht sowieso liegen würde, müsste ich mich jetzt hinlegen. Und beinahe hätte es in der Nachspielzeit, wie gegen Steyr, wieder ein Erlebnis gegeben, das für meinen ohnehin angegriffenen Gesundheitszustand zu viel gewesen wäre. Tieber zieht im Strafraum halbrechts ab. Aber Weissenbacher klärt mit einer tollen Parade. Der Punkt ist eingesackt. Und angesichts der Dramaturgie dieses Fußballvormittags ist es ein Unentschieden, das wie ein Sieg schmeckt.

Einiges an diesem Spiel war durchaus Medizin für den leidenden Fan. Die Verteidigung, in welche Pfeifer endlich zurückgekehrt ist, steht wieder sicher. Weissenbacher ist ein umsichtiger und reaktionsschneller Tormann. Das Mittelfeld gewinnt langsam sein schnelles und kreatives Spiel wieder. Wendler ist zurück. Hackinger hat sowohl Lust, Vorbereiter zu sein, aber auch Vollstrecker. 

Mike Markart

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