GAK 1902 Aktuelles
News / Wolfgang Gruber / Donnerstag 08.05.2025

Sportbetrieb im Ausnahmezustand

Äußere Einflüsse, wie Kriege oder Seuchen, haben den Sportbetrieb immer wieder vor große Herausforderungen gestellt. Ein Blick ins rote-weiße Geschichtsbuch zeigt, dass es schon mehrfach massive Einschränkungen im Sport- und Spielbetrieb gab, meist als Folge von Kriegen, aber auch durch andere Ursachen. Gerade Aufgebautes musste wieder neu geschaffen werden.

1914 – 1918: Sarajewo und die Folgen

Am Tag des Attentats auf den am 18. Dezember 1863 in Graz geborenen Thronfolgers der österreichisch-ungarischen Monarchie Franz Ferdinand in Sarajewo war der GAK gerade auf seiner ersten großen Gastspielreise. In Spalato/Split wurde am 28. Juni 1914 Hajduk mit 4:0 besiegt. Die weiteren geplanten Spiele wurden abgesagt und die Mannschaft kehrte wieder nach Graz zurück..

Im Laufe der vier kommenden Kriegsjahre wird es zunehmend schwieriger den Spiel- und Sportbetrieb aufrechtzuerhalten. Man muss beispielsweise im Fußball immer öfter auf Nachwuchsspieler zurückgreifen, weil die erwachsenen Männer im Feld stehen. Insgesamt konnten in den Kriegsjahren 44 Spiele der Kampfmannschaft ausgetragen werden (in einem „normalen“ Jahr waren es in jener Zeit durchschnittlich um die 20), darunter auch Benefizveranstaltungen. Dazu gab es 1916 ein großes Städtespiel Graz gegen Wien mit so genannten „Kriegsmannschaften“ auf dem Platz in der Körösistraße. Das internationale Tennisturnier des GAK konnte bis 1920 gar nicht mehr ausgetragen werden. Der Sportbetrieb im Tennis und auch Schwimmen ruhte zudem 1918 komplett.

Zahlreiche GAK-Sportler kamen zudem nicht mehr aus dem Krieg zurück, darunter der talentierte Schwimmer Max Mon(d)schein oder der Fußballer bzw. Leichtathlet Robert Zettinig. Er war 1913 in der ersten Auswahlmannschaft des Deutsch-Alpenländischen Fußballverbandes (später: Steirischer Fußballverband), die Oberösterreich 10:0 besiegte und zwei Jahre davor Teil jener 4 x 100 m Staffel, die den ersten inoffiziellen steirischen Rekord lief. Insgesamt haben 194 der 215 männlichen Mitglieder zwischen 1914 und 1918 Kriegsdienst geleistet (die Fußballsektion umfasste in der Zeit um die 60 Spieler). Auch der ehemalige Radfahrer Willi Schmitz stirbt im April 1916 den „Heldentod“. Wie Franz Ircher und Fritz Marintsch tragen zahlreiche andere Leistungsträger Kriegsverletzungen davon. Eduard Pasch blieb beispielsweise von 1915 bis August 1920 in russischer Gefangenschaft (teilweise in Sibirien).

Mit List und Geschick kann in jenen Jahren der umtriebige Langzeit-Funktionär Roman Posch – in den nicht minder schwierigen Zeit des Wiederaufbaues nach dem Zweiten Weltkrieg Obmann des Gesamtvereins – die Sportanlagen in der Körösistraße vor dem Zugriff der Behörden schützen und den GAK-Platz somit für den weiteren Sportbetrieb retten (u. a. zur Zwischennutzung als militärisches Übungsgelände).

Trotzdem gab es auch positive sportliche Nachrichten. Mit dem Kaiserfest wird 1916 in der Grazer Militärschwimmschule eine große wassersportliche Veranstaltung abgehalten. Sektionsleiter Robert Köllner gewinnt dabei das Wasserspringen. Nachdem 1911 die ersten Bemühungen noch nicht gefruchtet haben, wird 1917 eine Eislaufsektion gegründet (die erste bei einem steirischen Verein). Die Abteilung besteht zunächst bis zur Gründung des Grazer Einslaufvereins (GEV) 1921, um 1932 wieder ins Leben gerufen zu werden. Im zweiten Kriegsjahr 1916 werden auch noch Anfängerkurse im Tennis und Schwimmen veranstaltet.

Andrang aufgrund der Zuckernot in Graz im März 1916 beim Geschäft ‚Brüder Kunz‘ am Kaiser Josef-Platz © Sammlung Graz Museum
Andrang aufgrund der Zuckernot in Graz im März 1916 beim Geschäft „Brüder Kunz“ am Kaiser Josef-Platz © Sammlung Graz Museum

Noch war aber der Krieg in weiter Ferne und beschränkte sich weitestgehend auf die Schlachtfelder weit weg von der so genannten „Heimatfront“, dennoch gab es durch Versorgungsprobleme und die immensen Folgen von Kriegsverletzungen auch massive Auswirkungen auf das zivile Leben. Zwei Jahrzehnte später sollte die Situation aber ganz anders sein.

1939 – 1945: Der Krieg rückt näher

Auch im Verlauf des Zweiten Weltkriegs war es eine immense Aufgabe für die Vereinsverantwortlichen den Sportbetrieb aufrechtzuerhalten. Wieder waren zahlreiche Sportler im Feld und viele von ihnen fielen – darunter prominente Namen wie der Fußballer Otto Kovar oder der Schwimmer Fritz Rödiger – oder kamen schwer verwundert aus den Kriegsgebieten zurück. Dazu kam diesmal, dass Graz durch den alliierten Bombenkrieg direkt betroffen war, zwar nicht als Primärziel, aber vor allem ab 1944 gab es insgesamt 57 Angriffe mit insgesamt 1.700 Todesopfern auf die Landeshauptstadt. Auch Vereinsmitglieder waren unter den Opfern. Die Sportanlagen in der Körösistraße trugen Schäden davon.

Wieder musste beim Fußball auf immer mehr Spieler pro Saison zurückgreifen werden, entweder Nachwuchskräfte oder auch Fronturlauber („Gastspieler“) von anderen Vereinen, die sich gerade in der Nähe befanden, um die Spiele der „Kriegsmeisterschaft“ bestreiten zu können. Damit die mittlerweile äußerst beschwerlichen Reisen auf ein Minimum zu reduzieren, wurde die steirische Meisterschaft teilweise in regionalen Gruppen gespielt. Folgerichtig wurde dann die Liga 1944/45 nach 7 Runden abgebrochen und der komplette Spielbetrieb (bis auf vereinzelte Freundschaftsspiele) in der Steiermark eingestellt. Im Sommer 1944 war der GAK noch in Brünn/Brno und Znaim/Znojmo auf Gastspiel …

Zum Zeitpunkt des Abbruchs war Vorjahresmeister Reichsbahn Graz (eigentlich SC Südbahn Graz, ab 1948 ESV Austria Graz, heute FK Austria–ASV Puch) Tabellenführer. Der GAK lag auf einem mittelmäßigen sechsten Platz. Im Tennis (u. a. drei Ostmark-Mannschaftsmeisterschaften bei den Herren, zwei Mal „Vize“ bei den Damen), Feldhandball (der GAK wird 1941 Ostmarkmeister) sowie in der Leichtathletik (mehrere Ostmarktitel, u. a. durch Hermann Tunner), aber auch beim Schwimmen oder Eiskunstlauf gab es sportliche Erfolge.

Am 8. Mai 1945 endet der Zweite Weltkrieg in Europa und in der Nacht auf den 9. Mai besetzten russische Truppen für 75 Tage Graz. Danach lag die Steiermark bis 1955 in der britischen Besatzungszone. Ende Mai nimmt der Steirische Fußballverband bereits wieder seine Tätigkeit auf. Am 20. Juni gibt es beim GAK die erste Spielerversammlung und vier Tage später – mit einem 5:4 gegen den Postsportverein – das erste Spiel nach dem Krieg. Der erste offizielle Fußballwettbewerb in der befreiten Steiermark war im Juli der Befreiungspokal, ehe ab Herbst 1945 wieder um die steirische Meisterschaft gespielt werden konnte …

1973 & 1974: Entscheidungen am „Grünen Tisch“

Probleme ganz anderer Art führten 1973 zu einem sportlichen Chaos in der österreichischen Fußballmeisterschaft, der damaligen Nationalliga. Durch die, vor allem in Ostösterreich ab Jahresbeginn stark verbreitete Maul- und Klauenseuche mussten Spiele des stark abstiegsgefährdeten SC Eisenstadt und von Admira-Wacker – ebenso wie der GAK schon fix für den UEFA-Cup qualifiziert – abgesagt werden, was letztlich zu Terminproblemen und Nachtragsspielen führt. Bis dahin waren 26 der 30 Runden gespielt. Zwei Partien des SC Eisenstadt wurden hinter das eigentliche Saisonende am 30. Juni verlegt.

Da war die Welt noch in Ordnung: am 2. Dezember 1972 besiegt der GAK in Liebenau VOEST Linz knapp mit 1:0 © Fischer/Sammlung GAK 1902
Da war die Welt noch in Ordnung: am 2. Dezember 1972 besiegt der GAK in Liebenau VOEST Linz knapp mit 1:0 © Fischer/Sammlung GAK 1902

Die Burgenländer gewinnen ihr Spiel gegen Rapid und die Admira verliert gegen die Vienna, die sich auch mitten im Abstiegskampf befindet. Deshalb landet der SK Sturm Graz, der vor der letzten Runde den Klassenerhalt zu schaffen glaubte, in der Endabrechnung noch auf einem Abstiegsplatz und sollte in die Regionalliga absteigen.

Die Grazer legten daraufhin Protest gegen das, aus ihrer Sicht irreguläre Meisterschaftsfinish ein und bleiben – nach einer knappen Entscheidung am Grünen Tisch (auch mit Unterstützung der damaligen GAK-Verantwortlichen) – in der Liga. Für die Saison 1973/74 wird die Meisterschaft deshalb von 16 auf 17 Vereine aufgestockt. Treppenwitz der Geschichte ist dann allerdings, dass an genau demselben Tisch der GAK am Ende der darauf folgenden Saison zwangsweise in die 2. Liga versetzt wird, weil Sturm in einer Fünfjahreswertung knapp die Nase vorne hat …

2020 & 2021: Ein Virus legt den Spielbetrieb lahm

In seiner langen Geschichte hat der Verein diverseste Einschränkungen im Spiel- und Sportbetrieb erlebt, aber noch nie war der Sportbetrieb in Friedenszeiten aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen für gut drei Monate (10. März bis 5. Juni 2020) komplett eingestellt. Die restlichen Meisterschaftsbegegnungen der Bundesligawettbewerbe mussten schließlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit strengen Hygieneregeln ausgetragen werden. Der GAK wechselte dazu ins Stadion Gleisdorf.

Hart traf es auch die anderen GAK-Zweigvereine sowie den gesamten Nachwuchs- und Amateurbetrieb im Fußball (der ÖFB brach am 15. April 2020 österreichweit den Ligenbetrieb komplett ab). Ein großer Einschnitt. Die Wasserspringer mussten ihr jährlich abgehaltenes Internationales Meeting absagen, im Tennis zog man die kompletten Mannschaften (auch die für die Damen-Bundesliga) aus dem Spielbetrieb für die Freiluftsaison 2020 zurück und beim Basketball wurde die steirische Meisterschaft 2019/20 im März vorzeitig beendet.

Schon unmittelbar mit Start der Fußballsaison 2020/21 im September mussten bereits die Kapazitätsgrenzen herabgesetzt und erneut bald wieder ohne Publikum – diesmal in Liebenau – gespielt werden. Ab November wurde dann für den Amateur- und Jugendbereich ein abermaliges Sportverbot ausgesprochen und der Meisterschaftsbetrieb bis Anfang Jänner 2021 unterbrochen.

Der GAK nutzte im Mai 2021 dann die Möglichkeit, das letzte Heimspiel wieder vor Publikum auszutragen – die maximal erlaubte Auslastung von 3.000 Zuschauern wurde beim 1:0 gegen den Kapfenberger SV in Graz-Liebenau auch erreicht. Im Herbst wurde es wieder herausfordernder, weil es relativ bald wieder Zugangsbeschränkungen gab und das letzte Heimspiel sogar wieder vor leeren Rängen ausgetragen wurde, weil vom 21. November bis 12. Dezember 2021 ein Lockdown herrschte. Nur Profisport war erlaubt, Gott sei Dank waren da die Ligaspiele im Amateurbereich für den Herbst größtenteils schon absolviert.

Wie trotz des unbeschreiblichen Leids, in dem Fall durch einen Krieg, der Wunsch nach sportlicher Betätigung und damit auch (Über-)Lebenswillen besteht, belegen Auszüge aus einem Brief eines anonymen GAK-Fußballers in russischer Kriegsgefangenschaft: „Der uns zur Benützung übergebene und hoch eingezäunte Raum rund um unser Haus wird jetzt fleißig bearbeitet, da wir ihn […] zur Tennisanlage herrichten. Laufbahn und Kegelbahn haben wir auch geplant.“

 

Wolfgang Gruber
Fotos: © Fischer/Sammlung GAK 1902, GEPA, Sammlung Graz Museum

DER GRAZER STADTKLUB - gegründet 18.08.1902